Nach einer längeren Pause - bedingt durch die Coronaepedemie - ging der astronomische Arbeitskreis der Volkssternwarte Aachen wieder auf Exkursion. Diesmal ging es in die Eifel, zum Observatorium Hoher List - der ehemaligen Forschungssternwarte der Universität Bonn.
Nach etwa zweieinhalbstündiger Fahrt...
... mitten durch die Vulkaneifel...
... erreichten wir den Hohen List. Der Standort der Sternwarte war natürlich gut gewählt und bietet einen weiten Blick über die Umgebung.
Die Mitglieder des Arbeitskreises vor dem Kuppelbau des 1 m Spiegelteleskops.
Im Vortragsraum...
... hielt uns Prof. Dr. Uli Klein einen hochinteressanten Vortrag zur Geschichte des Observatoriums, den seinerzeitigen Forschungsfeldern und den Aktivitäten des Vereins.
Die Bauarbeiten am Hohen List begannen 1952. 1954 wurde das Observatorium eingeweiht. Eine 50 cm Schmidt-Kamera nahm den Betrieb auf. In den Folgejahren wurde die Anlage erheblich erweitert. Ein großer Doppelrefraktor zog von der Sternwarte Bonn zum Hohen List und ein 1 m Cassegrain-Teleskop wurde installiert. Dies blieb das größte Instrument des Observatoriums.
Forschungsfelder waren u.a. die Astrometrie (Bestimmung von Ort und Eigenbewegung), Fotometrie (Farbe und Helligkeit) und Spektroskopie von Sternen unserer Galaxie sowie die Untersuchung von veränderliche Sternen und Doppelsternen.
Aufgrund schwieriger werdender Beobachtungsbedingungen in der Eifel und der Errichtung von Großsternwarten an günstigeren Standorten wurde die Forschung am Hohen List im Laufe der Zeit reduziert. Die Anlage diente dann vornehmlich der praktischen studentischen Ausbildung.
2012 wurde das Observatorium geschlossen - das Inventar sollte verkauft werden. Durch die Initiative von Astronomen und die Gründung der AVV - der Astronomischen Vereinigung Vulkaneifel - konnte das Schlimmste verhindert werden. Die Anlage wurde 2013 unter Denkmalschutz gestellt. 2020 erwarb Dr. Bruno Nelles, ehemaliger Mitarbeiter des Observatoriums, das Gelände.
Die AVV nutzt das Observatorium für astronomische Führungen, Bildungsarbeit und zur Astrofotografie.
Dr. Martin Miller stellte uns ausführlich den "1 Meter Spiegel" vor. Es handelt sich um ein Nasmyth-Cassegrain-Teleskop.
Der Hauptspiegel hat einen Durchmesser von 106 cm und eine Brennweite von 4,5 m. Der Duchmesser des Sekundärspiegels beträgt 29 cm.
Das Teleskop wurde 1968 in Betrieb genommen.
Ein Blick in den Spiegel.
Der hochpräzise Hauptspiegel wurde von den Askania-Werken in Berlin gefertigt.
Die massive Gabelmontierung trägt neben dem großen Teleskop eine Reihe weiterer Instrumente.
Zur Beobachtung der Sonne ist ein H-alpha-Teleskop angebracht.
Das Teleskop kann von einem Kontrollraum aus...
... vollständig gesteuert werden.
Im Anschluss wurde uns die Sammlung historischer Instrumente gezeigt.
Die Sammlung enthält sehr alte Fernrohre...
... Messinstrumente...
... wie diesen Spiegelsextanten...
... und Präzisionsuhren.
Zum Abschluss besichtigten wir den großen Doppelrefraktor.
Dr. Bruno Nelles erläuterte uns die Geschichte und Funktionsweise des eindrucksvollen Gerätes.
Von 1899 bis 1966 war der Doppelrefraktor an der Bonner Sternwarte aktiv. Mit dem Gerät konnte gleichzeitig beobachtet und fotografiert werden. Dabei wurden systematisch Himmelsregionen auf fotografischen Platten abgelichtet. Aufgrund zunehmend schlechter Bedingungen nahe der hellen Großstadt Bonn wurde das Gerät 1967 zum Hohen List verlegt und nahezu unverändert in einem eigens dafür errichteten Kuppelbau aufgestellt. Durch den Vergleich von älteren und neuen fotografischen Aufnahmen konnte die Eigenbewegung von Sternen sehr genau bestimmt werden.
Der gesamte Boden des Raumes in der Kuppel konnte hydraulisch auf- und abbewegt werden. Derzeit ist die Hydraulik jedoch defekt.
Ein umfunktionierter Autositz ermöglichte eine bequeme Beobachtung.
Im Anschluss an die Führung nutzten einige Arbeitskreismitglieder die Gelegenheit zur Astrofotografie. Eine mitgebrachte Spiegelreflexkamera wurde dazu an Teleskope des Observatoriums angebracht.
So entstand an einem Refraktor des Herstellers Lichtenknecker (150 mm Öffnung, 1500 mm Brennweite) eine Aufnahme des planetarischen Nebels M 27, der wegen seiner Form auch "Hantelnebel" genannt wird. Der Hantelnebel ist der Überrest eines Sterns, der seine äußere Gashülle abgestoßen hat. Im Zentrum des Nebels befindet sich ein weißer Zwergstern.
Am 1 m Spiegel entstand die Aufnahme der Galaxie NGC 891. Die in Richtung des Sternbildes Andromeda sichtbare Spiralgalaxie ist rund 30 Millionen Lichtjahre entfernt. Aufgrund ihrer Lage im Raum blicken wir genau auf die Kante der Galaxie, so dass sie flach erscheint. Auffallend sind die dunklen Staubbänder.
Der Ausflug zum Hohen List war hochinteressant und spannend. Die geplanten drei Stunden für die Besichtigung vergingen wie im Flug.
Der Besuch des Observatoriums ist sehr zu empfehlen. Zur Webseite der AVV gelangt man hier.
Fotos: Günther Dick, Mark Drewe, Margrit Lethen, Oliver Poth, Kurt Schaefer
Text: Kurt Schaefer